Klagen wegen Blei in den Niederlanden – Der Kampf um sauberes Wasser
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Seit der niederländische Gesundheitsrat 2019 bekannt gab, dass rund 200.000 Wohnungen noch immer über giftige Bleiwasserleitungen verfügen, häufen sich Klagen gegen Vermieter. Inzwischen verschwindet das Material zwar nach und nach aus niederländischen Haushalten – doch für viele geht es nicht schnell genug.
„Ihr Leitungswasser fließt teilweise durch eine Bleiwasserleitung. Es enthält vermutlich Bleipartikel – wie viele genau, wissen wir nicht. Bleipartikel im Trinkwasser können Ihrer Gesundheit und der Ihrer Mitbewohner schaden. Möchten Sie auf Nummer sicher gehen? Dann trinken Sie bitte vorerst abgefülltes Wasser, bis wir die Bleirohre ersetzt haben.“
So lautete der Brief, den die Amsterdamer Wohnungsbaugesellschaft Ymere am 14. Februar 2020 an ihre Mieter verschickte. Zuvor hatten Bewohner aus Amsterdam Noord ihr Leitungswasser testen lassen – und in allen Wohnungen lagen die Werte über dem damals geltenden Grenzwert von 10 Mikrogramm Blei pro Liter. In einem Fall wurden sogar 34,6 Mikrogramm pro Liter gemessen. Die Mieter klagten.
Sich verändernde Grenzwerte
Wenn Wasser durch Bleileitungen fließt, nimmt es kleine Mengen Blei auf – und wird gesundheitsschädlich. Besonders gefährlich ist Blei für Ungeborene und Kinder unter sieben Jahren, aber auch Erwachsene sind gefährdet. In den 1970er-Jahren galten noch 400 Mikrogramm pro Liter als unbedenklich – heute liegt der Grenzwert bei nur noch 5 Mikrogramm pro Liter. Laut Gesundheitsrat trinken zwischen 230.000 und 460.000 Menschen in den Niederlanden immer noch Wasser, das durch Bleirohre fließt – Zehntausende davon sind jünger als acht Jahre.
Seit 1960 ist der Einbau von Bleirohren verboten, aber erst in den 1990er-Jahren begannen Wasserwerke systematisch mit dem Austausch. Die Hauptleitungen wurden inzwischen ersetzt, aber in privaten Haushalten gibt es noch immer Bleirohre – laut Schätzungen in rund 200.000 Wohnungen.
Das Bleigeheimnis
Nachdem der Gesundheitsrat 2020 empfahl, alle verbleibenden Bleileitungen schnellstmöglich zu entfernen, wurde der Grenzwert halbiert. Die Ymere-Mieter hatten festgestellt, dass durch ihre Wohnungen noch Bleianschlussrohre verliefen – worüber sie nicht informiert worden waren. Ihre Klage war juristisch schwach, denn Bleirohre in Innenräumen sind nicht gesetzlich verboten. Deshalb wandten sie sich an Medien, Mieterverbände und die Stadtverwaltung.
Diese forderte ein stärkeres Eingreifen der Regierung. Doch das Innenministerium sah keinen Bedarf für eine Meldepflicht wie bei Asbest und plädierte lediglich für mehr Bewusstseinsbildung. Amsterdams Wohnungsdezernent Laurens Ivens (SP) kritisierte diese Haltung deutlich: „Die Regierung hat die Verantwortung, sicheres Trinkwasser zu garantieren. Wenn wir nicht alle Bleirohre entfernen können, brauchen wir wenigstens eine Meldepflicht beim Hausverkauf.“
Blei-Krise in Amsterdam
Amsterdam ist besonders betroffen – dort wurden rund 70.000 Wohnungen in Zeiten gebaut, in denen Bleirohre üblich waren. Viele davon gehören Ymere. Allein in Amsterdam Noord (Tuindorpen) wurden in 2.715 Ymere-Wohnungen Bleileitungen festgestellt. Doch betroffene Mieter stoßen oft auf juristische Hürden. Wird zu viel Blei im Wasser festgestellt, steht ihnen eine Mietminderung zu – aber liegt der Wert knapp unter dem Grenzwert, lehnt Ymere sie ab. Viele bezweifeln die Genauigkeit der Tests der Wohnungsbaugesellschaft.
Denn Bleimessungen erfolgen nach dem europäischen „Random Daytime“-Verfahren (RDT). Dabei werden Wasserproben zu zufälligen Zeiten aus häufig genutzten Zapfstellen (meist Küchenspülen) entnommen. Da Blei umso stärker austritt, je länger Wasser in der Leitung steht, sind die Ergebnisse stark abhängig vom Nutzerverhalten. RDT gilt daher nicht als optimale Methode zur Erkennung von Blei.
Klagen vor Gericht
Immer mehr Mieter klagen daher. Der Amsterdamer Stadtrat kritisierte das „fehlende Entgegenkommen“ von Ymere und deren unzureichende Transparenz. Die vom Stadtrat geförderte Mieterorganisation !WOON unterstützt Betroffene rechtlich – oft mit Erfolg: Gerichte sprachen Mietern Mietnachlässe von 40 bis 60 % zu, bis das Blei entfernt wurde. In Einzelfällen ging das Urteil sogar weiter.
Im Februar 2021 behandelte der nationale Mietgerichtshof 33 Fälle gleichzeitig – 30 aus Amsterdam, drei aus Rotterdam. In einem Fall aus Amsterdam-Zuid entschied das Gericht erstmals, dass der Vermieter die Bleirohre entfernen muss. Gleichzeitig wurde eine Mietminderung bis zur vollständigen Entfernung bewilligt.
Blei: Auf dem Rückzug
„Wir sind sehr zufrieden mit diesem Urteil“, sagte Oscar Vrij von !WOON. „Der Richter sagt im Grunde: Ist ein Bleirohr da, muss es raus.“
Ymere verkündete im letzten Jahr, die 1.000ste Wohnung im Rahmen der Initiative Lood Eruit bleifrei gemacht zu haben. Doch noch immer befinden sich viele Bleirohre unter Fußböden oder in Wänden alter Häuser. Manche Mieter verweigern zudem die Zusammenarbeit: „Viele sind nicht überzeugt, dass die Entfernung nötig ist, und lassen uns nicht rein“, sagt Ymere-Regionalleiter Chris Pettersson. „Zu viel Aufwand, sagen sie – sie wohnen schon so lange dort.“
Das verzögert auch in den Tuindorpen die Arbeiten, da Wasserleitungen oft mehrere Häuser versorgen. „Verweigert ein Mieter den Zugang, können wir auch bei den Nachbarn nichts machen – selbst wenn diese zustimmen.“ In solchen Fällen muss das Gericht eingeschaltet werden. „Wir hoffen, dass es nicht so weit kommen muss. Das schaffen wir nur gemeinsam.“
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